Geplante Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz führen zu Ausweitung der Lücke in Ausbildungsförderung

Im Dezember 2014 haben Bundestag und Bundesrat einer Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zugestimmt, die zu einer Ausweitung der Förderlücke für Menschen in Ausbildung führen würde. Eigentlich ist die Gesetzesänderung, die am 01.03.2015 in Kraft tritt, vorgenommen worden, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden, dass am 18.07.2012 in einem Urteil u.a. festgestellt hatte, dass die Leistungen nach dem AsylbLG bis dahin zu niedrig und nicht transparent berechnet worden seien. Das Bundesverfassungsgericht mahnte Änderungen an und hat zudem konkrete Mindestsätze bis zur Gesetzesänderung oder gar Abschaffung des AsylbLG festgelegt.

Nun gibt es einen Referentenentwurf aus dem BMAS zur Änderung des AsylbLG, der u.a. vorsieht, dass Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht mehr unter dieses Gesetz fallen, sondern Leistungen nach SGB II erhalten sollen, so fern sie diese Aufenthaltserlaubnis bereits mindestens 18  Monate besitzen. Weiterhin sollen alle Bezieher_innen von Leistungen nach dem AsylbLG nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland statt Leistungen nach § 3 ff AsylbLG Leistungen analog zu SGB XII bekommen. Diese grundsätzlich begrüßenswerte Veränderung führt jedoch zu einer Ausweitung der Lücke bei der Ausbildungsförderung. Denn ein Anspruch auf BAföG oder BAB (Berufsausbildungsbeihilfe) besteht bei Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 oder mit Duldung sowie mit einer anderen Aufenthaltserlaubnis, bei denen Leistungsbezug nach AsylbLG gewährt wird, erst nach vier Jahren Aufenthalt. Auch Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG können erst nach vier Jahren Aufenthalt in Deutschland BAföG oder BAB beziehen. Bei einer grundsätzlich durch BAföG oder BAB förderungsfähigen Ausbildung werden jedoch keine Leistungen nach SGB II oder SGB XII gezahlt außer ggf. einen Zuschuss für Unterkunft und Heizung oder als Darlehen bei Vorliegen einer besonderen Härte (§ 27 SGB II).

Claudius Voigt von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender (GGUA) erläutert die Folgen an einem Beispiel:

„Ein 18jähriger junger Mensch, der ohne Eltern in Deutschland lebt, hat eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Er ist seit zwei Jahren in Deutschland und beginnt eine betriebliche Ausbildung, zu der er ausdrücklich einen zustimmungsfreien Zugang hat.

  • Sein Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe wird jedoch abgelehnt, da diese mit einer AE nach § 25 Abs. 5 erst nach vier Jahren Aufenthalt bewilligt werden kann (ergibt sich aus § 59 Abs. 1 SGB III in Verbindung mit § 8 BAföG).
  • Auch sein Antrag auf Kindergeld wird abgelehnt, da er noch keine drei Jahre in Deutschland lebt (ergbt sich aus § 1 Abs. 3 BKGG bzw. § 62 Abs. 2 EStG).
  • Sein Antrag auf ergänzende Leistungen nach dem SGB II wird ebenfalls abgelehnt, weil er eine „dem Grunde nach förderfähige Ausbildung“ macht (ergibt sich aus § 7 Abs. 5 SGB II). Allenfalls als Darlehen könnte das Jobcenter Leistungen erbringen, wenn es ansonsten eine „besondere Härte“ sehen würde (§ 27 Abs. 4 SGB II); gerichtlich ließe sich dies jedoch kaum durchsetzen.

Die Folge ist: Er muss die Ausbildung abbrechen, weil sein Einkommen nicht ausreicht. Wenn er die Ausbildung abgebrochen hat, erhält er Leistungen nach dem SGB II und das Jobcenter hat die Aufgabe, ihn so schnell wie möglich in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln.

Diese integrations- und arbeitsmarktpolitische Geisterfahrt, die durch die geltende Rechtslage bereits Realität ist, würde durch eine Verbesserung des AsylbLG noch schnellere Fahrt aufnehmen: Bisher kann nämlich auch bei einer Ausbildung parallel die Grundleistung des AsylbLG bezogen werden. Diese gibt es innerhalb der ersten vier Jahre.

Für die Zukunft sind jedoch zwei Änderungen geplant:

  1. Die AE nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist nicht mehr im AsylbLG sondern im SGB II. Somit verschärft sich die Situation: BaföG gibt es erst nach vier Jahren, SGB II aber nicht während einer Ausbildung.
  2. Die Bezugsdauer der AsylbLG-Grundleistungen wird für die übrigen Leistungsberechtigten grundsätzlich auf das erste Jahr des Aufenthalts verkürzt. Danach gibt es die Leistungen entsprechend dem SGB XII. Auch hier gibt es einen Leistungsausschluss für Auszubildende, der künftig somit schon nach einem Jahr greift und nicht erst nach vier Jahren.“

Eine umfassende Kritik von Claudius Voigt am Referentenentwurf zur Änderung des AsylbLG findet sich hier